Es gilt immer aus den Fehlern der anderen (hier bei der geschäftlichen Nutzung von KI-Content) zu lernen. Ein Wirtschaftsauskunftsdienst, der KI-gestützt falsche negative Informationen veröffentlicht hat, wurde trotz Widerspruch zur sofortigen Unterlassung der Veröffentlichung der falschen negativen Information über ein Unternehmen vom Landgericht Kiel (Az. 6 O 151/23) verurteilt. Antragstellerin war das betroffene mittelständische Unternehmen, über das fälschlicherweise verbreitet wurde, es würde „wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 394 FamFG gelöscht“. Richtigerweise kam das Landgericht zu dem Schluss, dass die Plattform damit das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des betroffenen Unternehmens verletzt hat und zur sofortigen Unterlassung und Beseitigung der Veröffentlichung im Internet verpflichtet ist. Die vollständig automatisierte Analyse der Registerdaten und der Disclaimer auf der Webseite entbindet nicht von der Haftung und ist insoweit unwirksam. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, d.h. die Parteien streiten möglicherweise noch im Hauptverfahren weiter. Diese Fragen sind praktisch für viele Unternehmen interessant. KI-Anbieter versprechen, dass viel Zeit und Personal mithilfe der KI-Tools eingespart werden kann, und verweisen im Kleingedruckten darauf, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit nicht garantiert ist, sondern fehlerhafte Ergebnisse herauskommen können. Sprich – es muss durch qualifiziertes Personal geprüft werden.
Möglicherwiese wird daher der betroffene Wirtschaftsauskunftsdienst weiter streitet wollen und könnte es ein Hauptsacheverfahren geben wegen Unterlassung und Schadenersatz. Einstweilige Verfügungen sind sofort mit Zustellung wirksam, es ist also existenzgefährdend auch für die Plattform, wenn sie nicht künftig die Haftung für technische KI-Fehler zuverlässig ausschließen können – und das ist bei KI-gestützten Diensten bekanntlich nur mithilfe menschlicher Kontrolle möglich, weil die Ursache des Fehlers möglicherweise eine Black-Box im vorliegenden Fall gewesen sein könnte…
Hierbei weist das Landgericht zutreffend darauf hin, dass auch zwischen der Haftung auf Unterlassen und der Schadenersatzhaftung zu unterscheiden ist:
Zitat aus dem o.g. Urteil vom 29.02.2024: „Das Haftungsprivileg des § 10 Satz 1 TMG erstreckt sich nur auf die strafrechtliche Verantwortung und die Schadensersatzhaftung eines Diensteanbieters von Telemedien im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG (BGH, Versäumnisurteil vom 25.10.2011- VI ZR 93/10, Rz. 19) und lässt die Möglichkeit unberührt, den Diensteanbieter wegen einer vorangegangenen Rechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen (BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15, Rz. 19 f.).“ Zitatende
Auswirkungen von KI-generierten Veröffentlichungen können erheblich sein
In dem aktuellen Fall des Landgerichts Kiel muss nun ein Wirtschaftsauskunftsdienst, der fälschlicherweise über ein mittelständisches Unternehmen rufschädigende Daten eines angeblichen Löschantrags wegen Insolvenz veröffentlicht hatte, sicherstellen, dass gleichartige Fehler nicht mehr vorkommen, denn ein Unterlassungsurteil umfasst auch immer die Unterlassung sogenannter „kerngleicher“ Rechtsverletzungen gegenüber dem Unterlassungsgläubiger bzw. Antragsteller oder Kläger. Das Verfahren zeigt beispielhaft sowohl für das Unternehmen, das die Dienste KI-gestützt einsetzt als auch das betroffene Unternehmen, wie gefährlich der sorglose Einsatz KI-gestützter Dienste sein kann. Es ist also die spannende Frage, wie man das Risiko von solchen falschen KI-generierten Veröffentlichungen sicherstellen kann, um derartige Haftungen zu vermeiden. Ähnliche Fragen stellen sich auch zum Beispiel Unternehmen, die Werbenewsletter oder anderen Content mithilfe von KI-Tools erstellen – es wird umso wichtiger sein, dass qualifiziertes Personal sorgfältig die Ergebnisse kontrolliert, bevor sie genutzt werden. Die Erwartungen an Zeitersparnis werden also vielfach nicht erfüllt. Umgekehrt ist für das betroffene Unternehmen, das sich gegen eine rufschädigende falsche Auskunft über angebliche Insolvenz und Löschung wehren musste, insoweit die Veröffentlichung wohl erst mal glücklicherweise aus der Welt, aber viele Betroffene schaffen die kurzen Fristen für den Eilrechtsschutz nicht, wie ich aus anwaltlicher Erfahrung weiß.
Das Landgericht begründet überzeugend, dass hier das Unternehmen verantwortlich ist für die Fehler der KI-gestützten Auskunftsdienste nach den Grundsätzen der Störerhaftung sowie der DSGVO. Es ist auch nicht überraschend, dass die Antragsgegnerin sich hier nicht darauf berufen kann, dass der Output aus den amtlichen Quellen im Normalfall korrekt erfolgt. Bei einer Störerhaftung kommt es nach ständiger Rechtssprechung nicht auf ein Verschulden an, sodass der ungeprüfte Einsatz von KI bei Veröffentlichungen eines Wirtschaftsauskunftsdienstes wohl generell zu haftungsträchtig sein dürfte und der Content nur mittels ausreichender organisatorischer Maßnahmen der Richtigkeitskontrolle durch zuverlässige Mitarbeiter eine Haftung vermeiden dürfte.
Die Entscheidung des Landgerichts Kiel vom 29.02.2024 – 6 O 151/23 (noch nicht rechtskräftig) mit vollständiger Begründung ist bei dejure und amtlich mit der vollständigen Begründung veröffentlicht.
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