Der Sachverhalt:
Ein Händler warb mit Bio-Zertifikaten bzw. Bio-Produkten (Gummibärchen, Kaffee und Schokolade), für die er kein gültiges Bio-Zertifikat hatte. Als er eine anwaltliche Abmahnung eines Verbraucherverbands oder Mitbewerbers erhielt, mit Aufforderung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erhielt, dachte er sich, er holt das einfach nach und dann könne er die Klage abwenden.
Entscheidung des Oberlandesgerichts:
Das Gericht ordnete gegen ihn trotz Anerkenntnis und Beseitigung des Rechtsverstoßes die Unterlassung bei Meidung der bestimmten Ordnungsmittel ersatzweise Zwangsgeld an und Anwalts- und Gerichtskosten aus einem Streitwert von 50.000 Euro tragen – das waren nach dem RVG 2021 nur für die 1. Instanz (Landgericht) insgesamt rund 7.150 Euro. Er legte ein Rechtsmittel hiergegen ein, aber das hat das im Streitfall zuständige Oberlandesgericht Frankfurt zurückgewiesen. Wer sich vorher einen Vorteil durch Rechtsbruch verschafft hat, könnte das ja jederzeit wieder machen und daher hatte die Beseitigung und Anerkenntnis die Sache für den Wettbewerber nicht erledigt. Die Abmahnung wurde dadurch ja nicht rückwirkend unwirksam, nur weil inzwischen das Bio-Zertifikat nach der ÖkoVO vorlag. Wie das Oberlandesgericht Frankfurt klargestellt hat, ist der Händler (hier spezialisiert auf Werbemittel im Lebensmitteleinzelhandel) auch dann auf Unterlassung wegen Wiederholungsgefahr auf Unterlassung zu verurteilen, wenn er inzwischen zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung zertifiziert ist, also der Verstoß gar nicht mehr besteht.
Praxishinweis:
1. Werbeaussagen auf Verpackungen und Webseiten vorher prüfen lassen.
Ahnungslosigkeit schützt hier nicht vor Strafe. Gerade wenn es um Aussagen wie „Bio“ nach der ÖkoVO oder gesundheits- und nährwertbezogene Aussagen (Health Claims Verordnung) geht, müssen sie von der zuständigen Stelle zugelassen sein. Es ist ein häufiger Rechtsirrtum und Fehler, darauf zu setzen, dass niemand das nachprüft, abmahnt und notfalls auch gerichtlich durchgesetzt wird. Der Abgemahnte hofft mitunter, wenn der Rechtsverstoß in der Werbung behoben wird, kann er die Kostentragung zu verweigern. Irrtümlich meinen einige nach dem Motto „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“ die Abmahnung des Wettbewerbers als mißbräuchlich abzutun und sind uneinsichtig. Wegen der oft hohen Anwaltskosten für Beweissicherung und anwaltliche Verfolgung der Ansprüche auf Auskunft, Unterlassung und Schadenersatz für den geschädigten Wettbewerber setzen einige darauf, dass der Wettbewerber hierauf verzichtet. Es würde aber bedeuten, dass der unlautere Wettbewerber dann jederzeit ähnliches wiederholen kann, ohne die Kosten des andern zu erstatten. Dies ist ein unlauteres Pokerspiel, das der Abgemahnte hier verloren hat. Hier ging es um das Bio Zertifikat für Lebensmittel nach der ÖkoVO. Das gleiche gilt auch für andere häufige Verstöße wie irreführende Ads mit Name einer konkurrierenden Marke oder gekaufte Testimonials, unechte Zertifikate und Professorentitel, Greenwashing und irreführende Gesundheitsversprechen mit Nahrungsergänzungsmitteln oder Placebos oder irreführender Herkunftsangabe.
2. Das ob und wie der Strafbewehrten Unterlassungserklärung anwaltlich prüfen lassen.
Sowohl die Frage ob, als auch die genaue Formulierung ist tricky und sollte anwaltlich geprüft werden, um den Schaden sicher zu begrenzen und nicht weitere Fehler zu begehen. Bei der Rechtsverfolgung ist Eile geboten, um nicht durch zu langes Zuwarten die Möglichkeit der einstweiligen Verfügung im Eilverfahren zu verspielen.
Auf der Seite des Abgemahnten gibt es ebenfalls mehrere Optionen zu bedenken: Nur wenn die Abmahnung berechtigt ist und auch die Unterlassung innerhalb kurzer Umsetzungsfrist künftig sichergestellt werden kann, sollte eine Unterlassungserklärung abgegeben werden. Dann ist aber auch die Formulierung tricky und sollte anwaltlich geprüft sein. Mitunter hat ein Unternehmen aber über Partnerschaften kurzfristig Schwierigkeiten die Beseitigung und künftige Unterlassung sicherzustellen – dann kann es vernünftiger Weise kurzfristig auch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, sondern muss das Unterlassungsurteil mit der hiermit verbundenen Kostenfolge in Kauf nehmen. Guter Rat ist hier sinnvoll, welches der richtige Weg ist und sollte sorgfältig abgewogen werden. Vorliegend bestimmte das Berufungsgericht allein den Beschwerdewert auf 50.000 Euro. Dies ist in wettbewerblichen Angelegenheiten nicht selten.
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Im vollständigen Beschluss des OLG Frankfurt vom 12.05.2021 – 6 W 23/21 auf der gemeinnützigen Urteilsdatenbank von openJur finden Sie die Details zum geschilderten Fall.
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